Nr. 9 – Killing the Dragon

Killing the Dragon

Zwei Wortschöpfungen verwenden wir schon seit vielen Jahren wie „Mantras“ Sie sind inzwischen fast Teil unserer DNA:

„Winning the Princess“, wenn es um Preise und Auszeichnungen geht, die wir gerne erringen wollen, und

„Killing the Dragon“, wenn die äußeren Umstände uns zwingen eine Krise zu meistern. Voilà, – drei solcher „Drachenkämpfe:“ 

Der große Brand

Zwei Wochen vor Weihnachten im Jahr 1988 hatten wir auf unserer Tenne,  – dem Saal im Dachgeschoss des alten Haupthauses – die große Weihnachtsfeier eines wichtigen Verbands, die bis heute jährlich bei uns stattfindet. Alle drei Oberbürgermeister aus Nürnberg, Erlangen und Fürth waren ebenfalls anwesend. Bis nach dem Hauptgericht lief alles glatt, doch bevor wir das Dessert servieren konnten, schlugen plötzlich Flammen aus dem Dach und wir evakuierten das Haus mit rund 200 Gästen blitzartig und alarmierten die Feuerwehr.

Auch Renate und ich wurden zu Hause in Möhrendorf informiert. Gegen Mitternacht waren alle unsere Führungskräfte mit uns am Brandherd eingetroffen; wir zogen uns in ein Hotelzimmer zurück und planten die Wiedereröffnung. 

Als der Gutachter der Versicherung am nächsten Vormittag sah, dass der Wieder-Eröffnungstermin für uns schon feststand und alle Schritte dazwischen schriftlich fixiert waren, schaltete er die Kripo ein. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die komplexe Baumaßnahme so schnell projektiert worden war (Brandursache war eine Fettverpuffung im Kamin).

Am Tag ZWEI nach der Katastrophe stand ein weißes Zelt für unsere Frühstücksgäste vom Party Service Käfer München im Innenhof. Es war Winter, der Orangensaft war – trotz Baustellenheizung – leicht angefroren, unsere Gäste liebten es!

Alle weiteren bereits gebuchten Weihnachtsfeiern und A la Carte Reservierungen bis einschließlich Silvester wurden dann an Kollegen im Großraum Nürnberg verteilt. Viele wollten es zunächst nicht übernehmen, da sie die Manpower dafür nicht hatten. Also wurden unsere Teammitglieder aus Küche und Service an diese Restaurants bis zum Jahresende „verliehen.“

Wie es meist bei Bränden so ist: der geringste Schaden ist der Brandschaden, gefolgt vom Wasserschaden; den größten finanziellen Ausfall aber hatten wir wegen der knapp zweimonatlichen Schließung aller Restauranträume.

Unsere Betriebs-Unterbrechungs-Versicherung hat aber sehr punktgenau den Schaden begleichen können, weil wir mittels unseres Jahreszielplans nachweisen konnten, dass die Differenz zwischen Soll und Ist von Januar bis Mitte Dezember bei nur 3,6% lag. Nur so konnten wir den voraussichtlichen Umsatz-Ausfall genau beziffern.

Ein Hoch auf strategische Planung!

Finanzkrise 2009

Die wirtschaftliche Entwicklung geht in keinem Land, in keiner Branche und in keinem Unternehmen immer nur nach oben. 

Hotellerie und Gastronomie sind fast schon Seismografen, wenn sich ein Abwärtstrend abzeichnet. Weil an Geschäftsessen, an Übernachtungen, an Tagungen und Seminaren meist zuerst gespart wird, wenn ein straffes Kostenmanagement notwendig ist. 

Bei uns war dies 2009 während der Finanzkrise zum allerersten Mal der Fall! Von 1984 bis 2008 hatten wir insgesamt 380% Umsatzwachstum generiert, und jetzt sackte der Umsatz um satte 10% nach unten.

Nur rigides Sparen verhalf uns bis Jahresende noch zu einer schwarzen Null.  Im nächsten Jahr erreichten wir wieder die gewohnten Umsätze.

Das Jahr 2009 war aber sozusagen nur die Generalprobe für die wirklich harte Krise, die uns – aber auch alle Kollegen – dann 2020 und 2021 heimgesucht hat.

Die Pandemie!

Von heute auf morgen wurde uns der Stecker gezogen und unser Betrieb wurde im ersten Lockdown 73 Tage lang zwangsgeschlossen.

Wir hatten zu dieser Zeit 72 fest angestellte Teammitglieder auf der Pay-roll, davon 22 Auszubildende, für die es erst nach sechs Wochen Kurzarbeitergeld geben kann. 

Die Reception mussten wir weiterhin ganztägig besetzen; jetzt ging es allerdings nicht mehr um Reservierungen, sondern um Stornierungen und Rückfragen, und unsere Hausmeister wurden ebenfalls weiterhin voll gebraucht. Alle 72 Stunden mussten z.B. sämtliche Wasserleitungen durchgespült werden, damit keine Legionellen entstehen konnten.

Für alle anderen Teammitglieder wurde Kurzarbeit beantragt und auch genehmigt.

Dann folgte die Zitterpartie mit der Betriebsschließungs-Versicherung. Viele Kollegen bekamen nichts, andere nur 10% des vereinbarten Tagessatzes. Wir aber hatten explizit den Virus in der Police stehen und konnten uns fair einigen. Die Zahlung von rund € 600 Tsd. füllte die verlorene Liquidität wieder fast auf.

Dann kam es richtig heftig! Der zweite Lockdown zog sich über 221 Tage hin, – ohne Kompensation durch eine Versicherung. Jetzt schmolz unsere Liquidität wie Schnee in der Sonne und wir kommunizierten als erste wichtige Message an unser Team: 

„Im heftigen Sturm kann ein Kapitän keine Rücksicht darauf nehmen, wenn ein Matrose kotzt!“

Es war keine Zeit für Befindlichkeiten oder Jammern! Eine „open door policy,“ wie wir sie seit Jahrzehnten pflegen, war gar nicht möglich. Trotzdem war die Kommunikation jetzt wichtiger denn je. Selbst die aktuellen Kontostände konnten unsere Teammitglieder jetzt regelmäßig sehen, damit Jede und Jeder wussten, dass wir „den Drachen erlegen würden“ und die Jobs sicher sind. Radikale Transparenz! Wir schafften es bis zur Wiedereröffnung am 13.6. 2022 (meinem Geburtstag) alle unsere Bankkonten im Haben zu halten und mussten keine unserer vereinbarten Kreditlinien in Anspruch nehmen. 

Auch verloren wir in den Corona-Jahren lediglich drei Teammitglieder an andere Branchen.

Unser wichtigstes Kommunikations-Tool war und ist die „Human Stars App“, die mein Schwiegersohn Dr. Marcel Setzer mit meiner Tochter schon Jahre zuvor entwickelt hatte. Seit 2015 bekommen alle Teammitglieder am ersten Arbeitstag ein I-Pad überreicht und eine Einführung in diese APP.

Alle analogen Informationen sind seitdem digital. Leitbild, Jahreszielplan, Kernprozesse, Verfahrensbeschreibungen, Ideen-Management, Checklisten, Rezepte und vieles mehr. 

Es gibt eine Chat-Funktion, mit der wir sicher (Server stehen in München) miteinander kommunizieren können. Während der Pandemie haben wir zwei Jahre lang unsere Jahreszielpläne – wie bei einem Webinar – online unseren Teammitgliedern vorgestellt, einschließlich Fragerunde und Antworten.

Inzwischen hat das Unternehmen von Marcel, die „Human Stars GmbH“ die APP schon an über 800 Unternehmen weltweit verkauft.

Darunter sind Banken, Krankenhäuser, ein Rüstungs-Unternehmen; sogar ein japanisches und ein amerikanisches Groß-Unternehmen sind dabei. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass wir mit nur leichten, – wenn auch schmerzhaften Blessuren aus der Pandemie herausgekommen sind.

Wir haben sogar die Zeit der Schließung genutzt, um antizyklisch zu investieren, um Baumaßnahmen durchzuführen, die bei laufendem Betrieb gar nicht möglich gewesen wären. 

Und wir quälten uns durch die FAQs der Behörden, die ständig verändert wurden; frei nach dem Motto:„Was interessiert uns unser Geschwätz von gestern.“ Verlässliche Rechtsicherheit gab es keine.

Selbst die Soforthilfe von € 50 Tsd. mussten wir wieder zurückzahlen, da ein bescheidener Vorschuss auf die später erfolgte Versicherungs-Leistung zwei Wochen zu früh an uns ausbezahlt worden war.

Trotzdem gelang es uns, eine erkennbare Umpositionierung vorzunehmen, uns breiter aufzustellen, um auch für Privatgäste an den Wochenenden attraktiver zu sein.

Der Schindlerhof ist zu einem veritablen „Hoteldorf der Sinne“ geworden!“